„Luise – Neuer Bilderbogen“

Luise – Neuer Bilderbogen
Malplatten, Stahlrahmen, 76 x 160 cm, 2008

Ganz in der Tradition der illustrierten Blätter, schematisch wie ein Bilderbogen im Nacheinander zeigen sich drei Ansichten von Königin Luise. Zu sehen ist zuerst die romantische Achzehnjährige, schwärmend liebende und geliebte Märchenprinzessin. Mai in Potsdam, wenige Monate nach der Hochzeit, von ihr beschrieben als die glücklichsten Tag ihres Lebens. Dann der Blick von Frankreich aus, dort wurde sie in den Gazetten als kriegstreiberische Amazone gezeichnet. Was auch immer tatsächlich beim tête-à-tête mit Napoleon geschah – dieser schrieb an Josephine, dass sie keinen Grund zur Eifersucht zu haben brauche, auch wenn die preußische Königin sehr charmant sei, käme es ihn teuer zu stehen, galant zu sein. Und schließlich die politisch gereifte Luise im Königsberger Exil, im Jahr vor ihrem Tod schon im goldenen Abglanz ihrer Verklärung, die Ikone der Befreiungskriege. Stilistisch ist das funktionell in Stahl gerahmte 76 x 160 cm große Bild ein update des traditionellen Bilderbogens. Das Sujet wird reduziert auf wenige Farbschichten, gesprüht direkt aus der “Kanne“ – Farbdosen, entwickelt die für streetart, Alltagskunst von heute. Authentizität hat die Abstraktion durch die tatsächlichen Gesichtszüge der Porträtierten. Die Künstlerin orientierte sich an der Totenmaske, die bei allen Abstrichen – Veränderung des Gesichts im Liegen und durch die Krankheit – doch die Relation von Augen, Nase, Mund und Wangenknochen verifiziert. Nach all der im letzten Jahr diskutierten Frage nach Luises Aussehen – war sie blond? Brünett? Warum ähneln sich die Porträts so wenig untereinander? – hat sich dieser Luisen-Bilderbogen an das belastbarste zeitgenössische Abbild gehalten. Und wer wäre der Königin zu Lebzeiten je so nahe gekommen, jedes feinste Härchen hat sich im Wachsabdruck erhalten. Luise – neuer Bilderbogen Die gebürtige Potsdamerin Julia Theek übersprang die Luisenrezeption des 20. Jahrhunderts, von der es heißt, ihre Anhänger hätten ihr mehr geschadet, als ihre Gegner. Aufgewachsen in der DDR, wo man sich politisch gefiltert dem preußischen Erbe näherte, erarbeitete sie sich das Thema unbefangen.
F. Sehmsdorf, Kunstkontor